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Association for Natural Medicine in Europe e.V.

...für eine naturgemäße Gesundheitsförderung in Europa!

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WHO-Weltgipfel der Traditionellen Medizin 2023


Abschlussbericht der Beisitzergruppe: Die „Gujarat Deklaration“ (Übersetzung aus dem Englischen: ANME-NL)
  1. Wir, die Teilnehmer des WHO-Weltgipfels für traditionelle Medizin 2023 mit dem Titel "Auf dem Weg zu Gesundheit und Wohlbefinden für alle", der am 17. und 18. August 2023 in Gandhinagar, Gujarat, Indien, stattfand, bekräftigen die globalen Verpflichtungen in Bezug auf indigenes Wissen, biologische Vielfalt und traditionelle, komplementäre und integrative Medizin, die unter anderem in der Erklärung von Alma-Ata von 1978, dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt von 1992, der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker von 2007,  der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, der Erklärung von Astana über die medizinische Grundversorgung von 2018, der politischenErklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die allgemeine Gesundheitsversorgung im Jahr 2019 und den Resolutionen der Weltgesundheitsversammlung über traditionelle, komplementäre und integrative Medizin (TCIM) sowie über die Gesundheit und die Rechte indigener Völker, um nur einige zu nennen.
  2. Wir schließen uns hiermit dieser Erklärung von Gujarat an, die die Evidenz-basierten Ergebnisse des Gipfels zusammenfasst. Wir erkennen diese an und respektieren sie wie folgt:
  3. Alle Mitglieder unserer einen Menschheitsfamilie leben in gegenseitiger Abhängigkeit von unserem gemeinsamen Zuhause, dem Planeten Erde, dessen Gesundheit und Wohlergehen einen tiefgreifenden Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlergehen aller Menschen hat.
  4. Vier Milliarden von Menschen nutzen indigenes Wissen, Ressourcen und Methoden sowie TCIM für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden. Für viele ist es die einzige oder bevorzugte Option für die Gesundheitsversorgung.
  5. Die Rolle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als führende Fachorganisation der Vereinten Nationen (UN) für Gesundheit besteht darin, strenge wissenschaftliche Methoden anzuwenden, um die Mitgliedstaaten bei der Gewährleistung von Wirksamkeit, Sicherheit und Gerechtigkeit bei der Nutzung von indigenem Wissen, und deren Ressourcen und Methoden zu gewährleisten. Das gleiche gilt bei den TCIM-Systemen. Gleichzeitig sollen strenge wissenschaftliche Methoden angewendet werden, um ganzheitlichere, kontextspezifische, komplexe und personalisierte Ansätze für Gesundheit und Wohlbefinden zu entwickeln.
  6. Das vielfältige indigene Wissen und die Kenntnisse der TCIM-Systeme für Heilung, Wohlbefinden und Nachhaltigkeit sind eine wertvolle Ressource für die Menschheit. Sie berücksichtigen die ganzheitlichen Dimensionen von Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen und des Planeten - individuell, körperlich, geistig, sozial und spirituell -, die seit Jahrhunderten genutzt werden. Sie sollten daher neben den anderen wissenschaftlichen Wissensformen berücksichtigt werden, um eine wissenschaftliche Validierung der verschiedenen Ansätze zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden zu ermöglichen.
  7. Die TCIM-Systeme haben sich in allen Regionen der Welt entwickelt. Dies geschah mit speziell geschulten Arbeitskräften, mit dem Wissen, den Fähigkeiten und den Praktiken, welche auf einzigartigen Geschichten, Werten, Theorien, Überzeugungen und Erfahrungen der verschiedenen Kulturen zurück gehen. Sie alle dienen sowohl zur Erhaltung von Gesundheit und Wohlbefinden, als auch zur Vorbeugung, Diagnose, Verbesserung und Behandlung körperlicher und geistiger Krankheiten.
  8. Das indigene Wissen und die Kenntnisse der TCIM-Systeme haben zu bahnbrechenden wissenschaftlichen und medizinischen Fortschritt geführt; u.a. die Nobelpreis-gekrönten Entdeckungen zu Gesundheit und Medizin, konventionellen Arzneimitteln und anderen damit verbundenen Innovationen.
  9. Der oberste Grundsatz in der Medizin lautet, keinen Schaden anzurichten. Die Patientensicherheit ist ein grundlegendes Prinzip in der Gesundheitsversorgung und ein wesentlicher Bestandteil bei der Bereitstellung von TCIM-Produkten, -Praktiken und Dienstleistungen.
  10. Die indische Regierung fungierte gemeinsam mit der WHO als Gastgeberin des ersten WHO-Gipfels für traditionelle Medizin und hatte auch die Präsidentschaft des G20-Gipfels 2023 mit dem Thema "Eine Erde. Eine Familie. Eine Familie. Eine Zukunft" inne, um den Geist von Vasudhaiva Kutumbakham - der Welt als einer Familie - hochzuhalten. Sie hat den Gipfelteilnehmern aus der ganzen Welt großzügige Gastfreundschaft gewährt und beherbergt das Globale WHO-Zentrum für Traditionelle Medizin. Dieses Zentrum wird die Kapazitäten der WHO zur Unterstützung der Mitgliedstaaten und Akteure bei der Umsetzung des Aktionsplans des Gipfels und anderer relevanter Prioritäten unterstützen. Auf der Grundlage der auf dem Gipfel präsentierten Erkenntnisse, Diskussionen und Ergebnisse kommen wir überein, die folgende Aktionsagenda zu unterstützen: Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen und des Planeten
  11. Verstärkung unserer Bemühungen, um die weitere Umsetzung Evidenz-basierter TCIM-Interventionen und -Ansätze zur Unterstützung des Ziels der universellen Gesundheitsversorgung (UHC) und aller gesundheitsbezogenen Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) zu fördern. Ziel ist die Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens aller Menschen jeden Alters und des Planeten, der uns alle ernährt.
  12. Wissenschaft, Technologie, Innovation und Wissensaustausch sollen dazu dienen, den Beitrag von TCIM und indigenem Wissen zur Förderung der planetarischen Gesundheit zu nutzen. Dies soll für sowohl der Gesundheit, als auch dem Wohlbefindens der Menschen über den gesamten Lebensverlauf, auch durch kontextbezogene, gerechte und kulturell angemessene Methoden, auch für Ernährung und Lebensstil, im Einklang mit den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung gelten.
  13. Die Priorität für das Wohlergehen von Gesellschaften und Volkswirtschaften soll im Einklang mit der bewährten Weisheit und den Werten des indigenen Wissens und der TCIM-Systeme stehen. Ausgerichtet am globalen Rahmenwerk der WHO für das Erreichen von Wohlbefinden und gemäß den Empfehlungen des WHO-Rates für Ökonomie der Gesundheit, wird empfohlen politische und wirtschaftliche Modelle jenseits des Profits zu nutzen. Um Gesundheit und Wohlbefinden, Gleichheit des Zugangs, gemeinsamen Nutzen und finanziellen Schutz zu erreichen, sollen Anreize für Evidenz-basierte fundierte TCIM-Ansätze geschaffen werden, die zu einer treibenden Kraft bei der Verwirklichung der gesundheitsbezogenen SDGs auf dem Weg zu Gesundheit und Wohlbefinden für alle werden sollen.
  14. Das „Globale Zentrum für Traditionelle Medizin“ übernimmt die weltweite Führungsrolle im Bereich der traditionellen, komplementären und integrativen Medizin. Damit wird ein Beitrag zur Entwicklung, Umsetzung, Überwachung und transformativen Wirkung der WHO-Strategie für traditionelle Medizin für den Zeitraum 2025-2034 geleistet. Es setzt sich für ein verstärktes politisches und finanzielles Engagement auf globaler, regionaler, nationaler und kommunaler Ebene ein, um diese Strategie in Politik und Praxis für die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen umzusetzen.
  15. Die Ausweitung der multiregionalen, multidisziplinären und von mehreren Interessengruppen getragenen Zusammenarbeit, die auf dem Weltgipfel durch das Globale Zentrum für Traditionelle Medizin der WHO demonstriert wurde, ist auf die Arbeit der WHO-Hauptbüros abgestimmt und ergänzt diese. Das geschieht, um den Evidenz-basierten Nutzen der TCIM für die globale Gesundheit zu maximieren.
  16. Wir respektieren und unterstützen die indigenen Völker bei der Verwaltung ihres Wissens, ihrer Praktiken und ihrer natürlichen Ressourcen, die für die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen und des Planeten von Bedeutung sind. Wir fordern die WHO und andere UN-Organisationen auf, sich für eine respektvolle Anhörung und einen sinnvollen Wissensaustausch mit den indigenen Völkern über Gesundheit und Wohlbefinden einzusetzen.
  17. Forschung und Evidenz Wir befürworten die Mobilisierung von Forschungsgeldern, die dem Bedarf und der Nutzung von TCIM angemessen sind. Bei der Festlegung von Forschungsprioritäten der globalen, regionalen und nationalen TCIM-Evidenz-Kriterien, sowohl bei bestehenden als auch neuen Forschungsarbeiten sind folgende Ansätze zu berücksichtigen: Evidenzsynthesen und Prinzipien der Wissensumsetzung, WHO-Initiativen wie die Structured Operational Research and Training Initiative (SORT IT) und das Evidence-informed Policy Network (EVIPNet), zur Validierung vorgeschlagene TCIM-Interventionen und die Berücksichtigung in WHO-Leitlinien und nationaler Gesundheitspolitik und Gesundheitssysteme.
  18. Wir wollen alle Länder ermutigen, die Kapazitäten und Fähigkeiten zur Erstellung, Übersetzung und Nutzung von TCIM-Forschung und indigenem Wissen zu stärken, indem sie unter anderem die Einrichtung von Forschungslehrstühlen und -programmen für TCIM an einschlägigen Universitäten und akademischen Einrichtungen schaffen. Damit leisten diese Einrichtungen einen Beitrag zu nationalen, regionalen und globalen Forschungslagern und Fortschritten für wissenschaftlich validierte, sichere und wirksame TCIM-Interventionen.
  19. 19. Wir fördern die Entwicklung von integrativen und multidisziplinären Forschungsmethoden, um die Forschung nicht nur zu spezifischen Wirkstoffen für pharmazeutische Anwendungen zu nutzen, sondern auch um komplexes, ganzheitliches Wissen und Lebensstilansätze der TCIM und der Indigenen zu erfassen. Damit schaffen wir eine multidimensionale, multidisziplinäre, integrative und kulturell angemessene Evidenzbasis, um ein Höchstmaß an wissenschaftlicher Strenge und ethischen Standards zu wahren.
  20. Wir fordern eine Evidenz-basierten Integration von TCIM in nationale Gesundheitspolitiken und -systeme auf der Grundlage von Forschung von höchster Qualität. Ziel ist eine Beschleunigung der Produktion, der Regulierung und formalen Nutzung von wissenschaftlich belegten TCIM-Produkten und –Praktiken. Dazu gehört auch die Berücksichtigung in WHO-Leitlinien und nationalen Gesundheitspolitiken und -systemen, und gegebenenfalls ihre Aufnahme in die nationale Liste der unentbehrlichen Arzneimittel auf der Grundlage strenger wissenschaftlicher Kriterien und durch die Sicherstellung der Einbeziehung von TCIM-Experten in entsprechende Entscheidungen und deren Umsetzung.
  21. Universelle Gesundheitsversorgung, medizinische Grundversorgung und Gesundheitssysteme Eine Erleichterung der faktengestützten, angemessenen Integration von TCIM in die nationalen Gesundheitssysteme soll unter Anwendung eines Konzepts der primären Gesundheitsversorgung je nach den Gegebenheiten und Prioritäten des Landes verwirklicht werden, um die Ziele des UHC und alle gesundheitsbezogenen SDGs schrittweise zu erreichen.
  22. Alle Länder werden bei der Neudefinition von Gesetzen, Politiken und Gesundheitsdiensten unterstützt, um die Menschen in die Lage zu versetzen, ganzheitliche, relevante und faktengestützte Entscheidungen für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu treffen. Diese Entscheidungen umfassen die Krankheitsvorbeugung, Gesundheitserhaltung, Primärversorgung und planetarische Gesundheit, einschließlich der Unterstützung der Anerkennung und angemessenen Regulierung von TCIM-Produkten, Praktiken und professionellen Anwendern, um die Sicherheit, Zugänglichkeit und Wirksamkeit von TCIM-Interventionen zu gewährleisten.
  23. Unterstützung und Förderung bei der Entwicklung von Lehrplanstandards für die TCIM-Ausbildung Die Grundlage zur Ausbildung professioneller Anwender entspricht den länderspezifischen Gegebenheiten und Prioritäten. Vorgesehen sind die Einbindung Evidenz-basierter TCIM Komponenten in die Ausbildung von Gesundheitspersonal in den Bereichen Wohlbefinden, Gesundheitsförderung, Krankheitsvorbeugung, Lebensmittel und Ernährung, Lebensstil und Verhalten für bessere Gesundheitsergebnisse, als auch bei die Belastung durch nicht übertragbare Krankheiten und die psychische Gesundheit. Die Vielfalt der Berufe und der Praktiken in der TCIM soll anerkannt werden und damit eine Erweiterung des Begriffs TCIM auf traditionelle, komplementäre und integrative Gesundheit (TCIH) erreicht werden, um eine breitere Palette von Dienstleistungen Dienste und Praktiken für Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensstil zu erzielen.
  24. Daten- und Routineinformationssysteme Vorgesehen ist ein Vorantreiben von Maßnahmen zur Förderung einer standardisierten TCIM-Dokumentation, u. a. durch eine erweiterte und beschleunigte Nutzung der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) der WHO, um die Integration von Nachweisen und Datenerhebung zu TCIM in standardisierter Weise in Routine-Gesundheitsinformationssystemen zu ermöglichen.
  25. Die Einrichtung von standardisierten Indikatoren für TCIM in den nationalen Gesundheitsinformationssystemen dient zur Überwachung der Anwendung von TCIM-Praktiken und zur Bewertung ihrer Sicherheit und Wirksamkeit innerhalb der Länder. Sie ermöglicht zugleich den Austausch und Vergleich von Daten auf internationaler Ebene zwischen den Ländern.
  26. Ein globales Netzwerk von klinischen TCIM-Referenzzentren wird eingerichtet, um routinemäßig eine standardisierte Datenerfassung und -überwachung auf der Grundlage der ICD-11-Kodierung der WHO und den Auswirkungen von TCIM-Maßnahmen zu erfassen. Dies gilt sowohl für einzelne Patienten, als auch für Krankheitszustände, und wird für die Forschung mit standardisierten Informationen zur Sicherheit und Wirksamkeit (klinisch und wirtschaftlich) sowie zur Nachfrage und Nutzung in der Gemeinschaft verwendet.
  27. Grenzen der digitalen Gesundheit, einschließlich künstlicher Intelligenz Die Ermöglichung einer angemessenen Entwicklung und Anwendung digitaler Gesundheitstechnologien, insbesondere der künstlichen Intelligenz (KI), um digitale Gesundheitsressourcen auf TCIM für die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen ist zu fördern; sie wird unterstützt durch die Entwicklung umfassender Gouvernance-Modelle, Politiken, Regulierungsrahmens, normativer Leitlinien und wissenschafts- und Evidenz-basierten Wissensaustausch.